Creality Ender 3 V2 im Test: Der beste 3D-Drucker für 200 Euro | TechStage

2023-01-10 18:45:01 By : Ms. Janice wei

Der Creality Ender 3 V2 ist günstig, bietet eine für den Preis hervorragende Druckqualität und ist in 25 Minuten aufgebaut. Die zweite Version des Bestsellers hat viele Verbesserungen im Detail.

Der Ender 3 ist der Golf unter den 3D-Druckern. Seit 2018 bietet der chinesische Hersteller Creality diesen günstigen Bausatz-Drucker an, der mit seiner schlichten, aber effektiven Konstruktion ein hervorragendes Preis-Leistungs-Verhältnis erreicht (Testbericht des Ender 3 von 2018). Auch weil das komplette Gerät unter Open Source steht, entwickelte es sich zum Bestseller und Community-Liebling, für den es inzwischen hunderte an Tuning-Teilen und Verbesserungsmöglichkeiten gibt.

Das Testgerät des Creality Ender 3 v2 wurde uns vom österreichischen Online-Shop und 3D-Druck-Spezialisten 3DJake zur Verfügung gestellt. Herzlichen Dank für die Kooperation!

Der Ender 3 ist ein klassischer FDM-Drucker, der Kunststoff-Filament schmilzt. Das komplette Chassis ist aus Alu-Systemschienen gefertigt und hält den vielen Bewegungen während des Druckens solide stand. Wird an dieser Stelle gespart, wackelt der Aufbau und der Druck wird vor allem bei höheren Geschwindigkeiten unsauber – das ist hier nicht der Fall.

Der 3D-Drucker hat einen kartesischen Aufbau. Dabei ist je ein Motor mit einem beweglichen Bauteil verbunden und zuständig für die Raumbewegungen einer Achse. Das ist eine simple Konstruktion und erleichtert die Fehlersuche: Kommt es zu Problemen beim Druck, lässt das Fehlerbild einen schnellen Rückschluss auf einen konkreten Teil des Aufbaus zu.

Die Führung des Filaments (Vergleichstest PLA) erfolgt ebenfalls mit einem klassischen, simplen Aufbau, dem Bowdenextruder. Der Motor für den Filamentvorschub sitzt fest am linken Ende der Systemschiene der Z-Achse. Er ist über den Bowden-Schlauch mit dem Druckkopf verbunden. Dieses erprobte System ist eine sehr gängige Variante im 3D Druck. Größter Vorteil dieser Konstruktion ist die geringe bewegte Masse, da der schwere Motor nicht mitfährt. Das erhöht die Präzision, respektive verringert Aufwand und Kosten, um die Konstruktion stabil zu bekommen. Zu den wichtigsten Nachteilen gegenüber des Direct Extruders, bei dem der Motor direkt am Druckkopf sitzt, gehören der leicht erhöhte Wartungsaufwand und die Tatsache, dass das Drucken von flexiblen Filamenten wie dem gummiartigen TPU nur mit sehr geringen oder gar keinen Retract-Einstellungen möglich ist. Der Retract zieht das Filament zurück, um das Aussickern von heißem Filament bei Leerfahrten des Druckkopfes zu verhindern. Starkes Spinning des Filaments im Druckbild ist die Folge. Das sieht dann etwa so aus, als würden sich dünne Spinnenfäden über das gedruckte Objekt legen.

Dank der Veröffentlichung aller Hardwarespezifikationen, CAD-Dateien, Schaltpläne und Firmware-Dateien haben in den letzten Jahren zahlreiche schlaue Ender-Nutzer diverse Upgrades, Mods und Verbesserungen erarbeitet. Viele dieser Mods für den ersten Ender 3 hat der Hersteller in der zweiten Version direkt mit umgesetzt. Die Liste der Änderungen ist lang. Ein starkes Meanwell-Netzteil verspricht schnelle Aufheizzeiten und eine längere Haltbarkeit. Die flüsterleisen TMC2208-Schrittmotor-Treiber machen den Ender fast wohnzimmertauglich, und die Resume-Print-Funktion ermöglicht das Weiterdrucken nach einem Stromausfall.

Die Größe des Bauraums hat sich beim Ender 3 V2 im Vergleich zum Vorgänger mit 220 x 220 x 250 mm nicht geändert, aber er bringt ein deutlich besseres Druckbett mit. Anstelle der bisherigen Kunststoff-Oberfläche gibt es nun eine mit Karborundum beschichtete Glasplatte. Auf dieser halten die Drucklinge während des Druckens bombenfest und lassen sich nach dem Abkühlen fast problemlos abnehmen.

Ender 3 v2: Neuerungen und Details

Das blaue Rad am Extruder-Motor erleichtert das Ein- und Ausführen des Filaments. Die blauen kleinen Rädchen am Ende der Systemschienen sind nützliche Riemenspanner, die den Aufbau erleichtern und ein komfortables Nachjustieren im Laufe der Druckstunden ermöglichen. Und im unteren Chassis ist ein kleines Fach versteckt, das Platz für Werkzeuge und Ersatzteile bietet.

Eine der schönsten und benutzerfreundlichsten Upgrades ist das neue Grafikdisplay mit Drehrad. Der Vorgänger hatte noch ein monochromes Text-Display – in der Praxis ausreichend, aber weder schön, noch zeitgemäß. Die Bedienung ist einigermaßen logisch. Anfänger kommen schnell rein, und wer bereits einen 3D-Drucker bedient hat, kommt damit auch zurecht. Beim Druckvorgang sind alle wichtigen Werte übersichtlich dargestellt.

Creality liefert eine übersichtliche Aufbauanleitung mit Hinweisen bei wichtigen Details. Erklärungen sind in gutem Englisch verfasst und die übersichtlich durchnummerierten Schraubentütchen geben wenig Möglichkeiten zur Verwechslung. Auch sind immer ein, zwei Schrauben mehr drin – schön, dass die Zeiten vorbei sind, als immer mindestens eine Schraube oder Klammer fehlte und die Anleitungen der chinesischen Hersteller eher wie Parodien auf sich selbst wirkten als wie ein Dokument, mit dem der normale Anwender ein funktionierendes Gerät aus einem Haufen Teilen zusammenbasteln kann.

Das untere Chassis ist vormontiert, was einen schnellen Aufbau ermöglicht. Nur der obere Teil muss selbst zusammengebaut werden. Die einzige leicht kniffelige Geschichte ist der Zusammenbau der Druckkopfschiene.

Zugegeben, wir haben schon mehr als einen 3D-Drucker aufgebaut, aber 25 Minuten bis zum ersten Druck sind für einen Bausatzdrucker rekordverdächtig. Selbst absolute Anfänger mit einem gewissen Grundgeschick im Umgang mit Schrauben und Werkzeug sollten nach spätestens einer Stunde fertig sein.

Nachdem der Drucker aufgebaut ist, kann er entweder sofort eine Testdatei vom mitgelieferten USB-Stick drucken, oder man wagt sich selbst an die Software zur Druckvorbereitung heran (kostenlose Druckvorlagen finden). Für Windows liefert Creality auf dem USB-Stick den Creality Slicer in der Version 4.2 mit, Mac-User können sich die Datei von der Webseite des Herstellers herunterladen. Der Slicer ist eine angepasste Version der Open-Source-Software Cura von Ultimaker. Da es das Original inzwischen schon in der Version 4.13 gibt, würden wir es immer direkt bei Ultimaker herunterladen oder alternativ den Prusa Slicer verwenden.

Wer die mitgelieferte Slicer-Version installiert, kann den Ender 3 v2 direkt nach der Installation auswählen. Wählt man einen anderen Slicer, muss man den Drucker selbst anlegen, dies wird aber direkt nach der Installation von dem Programm selbst vorgeschlagen und ist mit vier Klicks erledigt.

Per Drag & Drop zieht man nun ein 3D-Modell in die Slicer-Software, wählt eine Druck-Voreinstellung – etwa Fein oder Normal und exportiert den Gcode auf eine SD-Speicherkarte. Der Gcode enthält die simplen Anweisungen für die Bewegungen der Drucker-Motoren, die dann von der Firmware des Enders ausgeführt werden. Die Karte kommt in den Drucker, im Menü die gewünschte Datei auswählen – und los geht das Kino.

Die Druckqualität hängt von vielen Faktoren ab. Wir haben zwei Testdateien von Creality mit weißem PLA+ gedruckt, eine Pantheon mit grünem PETG, einen Drachen mit Magic PLA von 3DJake und ein Rainbow-Objekt, um den Bauraum komplett auszunutzen.

Alle Testdrucke sind ohne Probleme fertig geworden und sehen auf den ersten Blick sehr gut aus. Klar, in dieser Preisklasse ist noch Luft nach oben, dennoch sind wir sehr zufrieden mit der Druckqualität. Bei manchen Überhängen ist die Standardbauteilkühlung zu schwach. Dort raten wir, die Druckgeschwindigkeit zu reduzieren, zum Beispiel auf 35mm/s. PETG, welches üblicherweise stark zu Stringing neigt, hat der Ender 3 v2 erstaunlich gut verarbeitet. In unserem Testdruck ist der Effekt in Form von kleine Fäden zwischen den Säulen zu erkennen.

Die von Creality angegebene maximale Druckgeschwindigkeit von 180 mm/s haben wir bei dem Rainbow-Objekt komplett ausgenutzt, mussten aber auf 90 mm/s heruntergehen, um ein halbwegs sauberes Druckbild zu erzielen.

Ein kleines Konstruktionsproblem haben wir aber doch ausgemacht: Bei einer Druckhöhe von 240 bis 250 mm krümmte sich der Bowden-Schlauch im Test so stark, dass wir ihn vom Kabelstrang lösen mussten, um einen besseren Filamentvorschub herzustellen. Da der recht starre Bowden-Schlauch bei hoher Druckhöhe stark abknickt, wäre ein sinnvolles Upgrade eine flexiblerer Alternative; Profis setzen auf Capricorn.

Es ist immer dasselbe Spiel: Die Hersteller von 3D-Druckern werben mit Geräten, die alle Materialien perfekt verarbeiten und turboschnell drucken. Grundsätzlich ist das auch möglich, aber gute Druckergebnisse mit verschiedenen Materialien erfordern viel Feintuning im Slicer. Gute stabile Drucke aus Materialien wie ABS, ASA oder Nylon sind ohne Tuning-Maßnahmen wie eine Bauraumeinhausung und geeignete Haftmittel nicht zu realisieren.

Das flexible TPU erfordert extrem genaue Retract-Einstellungen im Slicer oder den Umbau auf einen Direct Drive Extruder.

Fakt ist: Ein 3D-Drucker für 200 Euro ist kein Tintenstrahler. Man muss bereit sein, sich mit dem Thema zu beschäftigen und sich in die Materie einzuarbeiten. Aber der Ender 3 v2 gehört zu den besten günstigen 3D-Druckern, die man bekommen kann.

Im Vergleich zum Vorgänger gibt es viele sinnvolle Optimierungen und Tuning-Maßnahmen. Und die Optionen, noch weiter zu verbessern, andere Materialien drucken zu können oder den Komfort zu erhöhen, sind schier endlos. Erfreulich ist auch die gute und günstige Ersatzteilversorgung.

Wer mit dem 3D-Druck beginnen möchte oder einen verlässlichen Zweitdrucker für die Kleinserienproduktion sucht, ist hier genau richtig. Wer mehr Geld ausgeben kann und möchte, sollte sich unseren derzeitigen Favoriten Anycubic Vyper (Testbericht) näher ansehen. An anderer Stelle zeigen wir 3D-Drucker mit großem Bauraum, und wer vor allem an kleinen Druckerzeugnissen mit sehr hoher Qualität interessiert ist, sollte sich mit den Flüssig-Harz-3D-Druckern auseinandersetzen.

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